Überflieger landet wieder in Harsefeld

Tageblatt Redakteur Jan Bröhan hat im Vorfeld des Landesliga Spitzenspiels gegen Hagen mal wieder die Feder geschwungen und einen klasse Bericht über Neuzugang Philip Seib geschrieben. Morgen im Tageblatt, ab sofort schon online auf Tageblatt.de:

Er entschied sich schon früh gegen eine mögliche Fußballerkarriere und machte dann eine berufliche Karriere. Nun ist Phillip Seib angekommen, privat wie fußballerisch – zurück in seinem Heimatdorf Harsefeld.

Phillip Seib zählte während seiner Jugend zu den ganz großen Talenten im Landkreis Stade. So mancher Experte sah den Fußballer schon in der Regionalliga, mindestens. Seib gehörte aber nicht zu den Träumern, entschied sich gegen eine ungewisse Karriere als Fußballer und machte Karriere bei Airbus. Nun will der 25-Jährige auch wieder fußballerisch durchstarten – mit seinem Heimatverein TuS Harsefeld.

Spätestens nach dem Landesliga-Derby zwischen dem VfL Stade und der SV Ahlerstedt/Ottendorf im Oktober 2010 kannten die meisten Fußballinteressierten den damals 18-jährigen Phillip Seib. Das mit Spannung erwartete Duell zwischen dem sehr ambitionierten VfL Stade und dem Oberliga-Absteiger A/O, als Zwölfter der Ost-Staffel, als die Oberliga Niedersachsen eingleisig wurde, fand am zwölften Spieltag statt und sollte die Vormachtstellung im Landkreis klarstellen. Die Gäste aus Ahlerstedt gewannen in Ottenbeck zwar nur mit 1:0 – dominierten aber das Mittelfeld und somit das Spiel. Hinter A/O-Spielmacher Dennis Meibohm agierte eben dieser erst 18 Jahre alte Sechser namens Phillip Seib mit einer Präsenz, Übersicht und Zweikampfstärke, als wäre er schon seit Jahren Führungsspieler. Viele Zuschauer prophezeiten diesem 18-Jährigen einen schnellen Aufstieg als Fußballer. „Der ist nicht mehr lange bei A/O“, so das Pauschallob ob der dargebotenen Leistung.

Es sollte ganz anders kommen. Seib hatte sich nämlich schon zwei Jahre zuvor gegen eine mögliche Fußballer-Karriere entschieden. Er sei nie so ein Talent mit Träumen gewesen, sagt er. Dabei hätte er mit seinem Ehrgeiz sicherlich größere Chancen gehabt als so mancher talentierter Träumer. Als 16-Jähriger hatte sich „Pipo“, wie der 1,95 Meter große Seib genannt wird, gegen ein Angebot von Werder Bremen entschieden. Er begann lieber eine Ausbildung bei Airbus als Elektroniker und spielte weiter bei A/O. „Wenn ich etwas mache, dann stehe ich voll dahinter“, sagt Seib. Und so hatte auch A/O nur noch vier Jahre seinen soliden Leistungsträger zur Verfügung. Denn: Nach seiner Ausbildung war für Seib klar, dass er sich weiterbilden wolle. Airbus unterstützte seinen ehrgeizigen Schützling. Der Elektroniker reduzierte seine Arbeitsstundenzahl und begann 2013 ein Studium und machte zeitgleich sein Fachabitur nach; er zog nach Hamburg, dreimal abends und teilweise am Wochenende besuchte er die Uni. Geregelter Mannschaftssport war nicht mehr möglich. Einen Festvertrag mit Airbus hatte Seib schon vorm Studienbeginn in der Tasche. Im September 2016 beendete er sein Studium. Nun ist er Aircraft Manager bei Airbus, betreut Flugzeuge in der Endlinie bis zur Auslieferung.

Auch privat ist der 25-Jährige angekommen – zurück in seinem Heimatdorf. Seib hat in Harsefeld gekauft. Demnächst steht der Umzug an. Zusammen mit seiner Freundin Karolin, die auch aus Harsefeld kommt. „Man wird ruhiger“, sagt Seib und lächelt sein freundliches, zurückhaltendes Lächeln. Er sei ein sehr freundlicher und zuverlässiger Typ, sagt er über sich selbst. Er lache gern und es komme nur sehr selten vor, dass er schlecht gelaunt ist.

Gut gelaunt sind sie auch beim Fußball-Landesligisten TuS Harsefeld. Zurück in Harsefeld – da war es für Seib auch klar, dass er trotz anderer Angebote zurück zu seinem Heimatverein TuS Harsefeld geht. „Ich will mit dem Fahrrad zum Training fahren können“, sagt er und lächelt. TuS-Teammanager Tim Schnoor hat immer Kontakt zu Seib gehalten, fragte seit fünf Jahren immer mal wieder nach, wie es mit einer Rückkehr aussehe. Nun ist der Zeitpunkt gekommen. „Ich habe den Mannschaftssport zeitweise sehr vermisst“, sagt Seib. Gekickt hat er immer während seines Studiums, auch bei Hamburger Oberligisten mal mittrainiert. Er hat sich immer fit gehalten, dreimal Laufen pro Woche, Fitnessstudio, auch während seiner Mittagspausen trainiert er mal. Aber wieder Teil einer Mannschaft, eben des TuS Harsefelds, zu sein, ist für den Fußballer Seib das i-Tüpfelchen auf dem neuen Lebensabschnitt.

Seib wurde während seiner Jugend beim TuS Harsefeld immer von Papa Georg (60), der noch für die Harsefelder Ü50 aktiv ist, trainiert. In der C-Jugend wechselte Seib dann zu A/O und spielte unter Trainer Calle Löhden in der damaligen Regionalliga-Mannschaft. Das Talent war zudem in der Stützpunktauswahl und in der Niedersachsenauswahl. Schon als 17-Jähriger debütierte Seib in der A/O-Herrenmannschaft. Sein erstes Spiel über 90 Minuten war in der Oberligasaison 2009/10 gegen den späteren Meister Eintracht Braunschweig II. A/O gewann. Torschütze des Siegtores, das weiß Seib noch ganz genau, war: Jan-Torge Deden. „Letztes Jahr war ich sein Trauzeuge“, erzählt Freund Pipo, im Zuge dieser Freundschaftsgeschichte fügt Seib an: „Ich habe A/O viel zu verdanken.“

Fußballerisch wollte Seib schon Anfang 2016 wieder angreifen. Er hatte sich dem Hamburger Oberligisten USC Paloma angeschlossen, bei dem Freund und Ex-A/O-Mitspieler Denny Schiemann spielt. Der Buxtehuder SV hätte Seib ebenso gern in seinen Reihen gesehen. Nach der Winterpause kam es sogleich zum direkten Duell der beiden Abstiegskandidaten, es war das erste und für lange Zeit letzte Spiel für Seib. Er zog sich einen Muskelbündelriss zu. „Die schwerste Verletzung, die ich bisher hatte.“ Seib spielte kein Rückrundenspiel mehr, Paloma stieg ab. Seib blieb bei Paloma. Bis zur jetzigen Winterpause. Die Heimat rief.

Trainer-Lob

Udo Rathjens (Stützpunkttrainer von Seib): „Phillip gehörte zu den stärksten Spielern seines Jahrgangs. Er war sehr engagiert und ehrgeizig und hatte eine gute Übersicht und Technik.“

Calle Löhden (Seibs A/O-Trainer in der Regionalliga): „Phillip war/ist menschlich wie fußballerisch ein überragender Typ. Man brauchte ihm nie zu sagen, wo er hinpassen oder hinlaufen musste – das war eine große Gabe.“

Hartmut Mattfeldt (Seibs Herrentrainer bei A/O): „Topspieler, Topjunge. Phillip ist ein Spieler, den jeder Trainer gern hätte. Schon in jungen Jahren hatte er durch seine Ausstrahlung Führungsqualitäten. Er geht voran, ist ein Teamplayer mit sozialer Empathie. Ich bin einfach voll des Lobes.“

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